Straßenstrich - Der Report

von FLORIAN PASTERNY

 

Sie ist das älteste Gewerbe der Welt. Sie ist eine Fleischbeschau. Sie verhindert womöglich Vergewaltigungen. Sie sorgt für Vergewaltigungen und Gewalt. Sie zerstört Leben. Sie bereichert Leben für wenige Minuten. Sie tötet. Sie vergisst nie: Die Straßenprostitution. Die Straßenprostitution in Nordrhein-Westfahlen ist breit gefächert. Es gibt die Drogenstrichs, die Kindermeilen, das Hausfrauenviertel und die Zwangsprostituierten. Freier machen sich wenig Gedanken über die Motivation der Huren. Für sie zählt einzig der Dienstleistungsgedanke. Gute "Ware" gegen gutes aber doch bitte geringes Entgelt.

Für gerade einmal 15 EUR bekommt man auf den Drogenstrichs und Kindermeilen einen Blowjob, manchmal auch mehr. Der Markt bestimmt die Preise und der Markt wächst. Frauen aus Osteuropa überschwemmen den deutschen Markt und da ihnen ständig die Abschiebung droht, sind sie kriminellen Schleuserbanden und brutalen Zuhältern ausgeliefert. Auch der umgreifende soziale Abstieg sorgt für einen Anstieg der Straßenprostitution. Auf 300000 Huren kommen ca. 1,3 Millionen Freier täglich in Deutschland.

 

Alexandra hat eine typische Hurenkarriere hinter sich. Mit sechs zum ersten Mal vom Vater vergewaltigt, mit acht an Papas Freunde weitergereicht. Mit 14 den ersten Freund kennengelernt, der sich direkt mal als ihr Zuhälter gab und sie mit 15 bereits auf den Strich schickte. "Seit Tagen blute ich aus Vagina und Po", berichtet Alexandra. Sie sieht schlecht aus. Die Drogen haben ihren Körper über die Jahre zerfressen. Heute ist sie 33 und sieht aus wie 55. Arbeiten muss sie dennoch. Ihr neuer Zuhälter hält nicht viel von Krankheiten und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lässt er nicht durchgehen. Das Jobcenter zahlt ihr keine Sozialleistungen mehr aus, da man dort davon ausgeht, dass sie einen guten Nebenjob habe. Der Zuhälter sieht das ähnlich. Übrig bleibt für Alexandra kaum etwas.

"Straßenprostitution lockt Kriminelle an", sagt Dortmunds Polizei-Pressesprecher Wolfgang Wieland. Und so sieht es in vielen Städten aus. Städte und Regionen wollen die Straßenprostitution verbieten und verlagern. Doch das macht den "Schwarzmarkt" attraktiver. Die Frauen müssen dann in dunklen Ecken anschaffen gehen - abseits von sicheren Augen seitens der Polizei und des Ordnungsamtes. Die Stadt Dortmund ist gerade mit einem Verbot der Straßenprostitution im gesamten Stadtgebiet gescheitert. Hure Dany K. hatte geklagt und am 21.03.2013 Recht bekommen. "Ich habe denen einen richtig geilen Arschtritt verpasst", sagte sie der örtlichen Presse. Und auch Elke Rehpöhler von der Prostituiertenberatungsstelle Kober ist froh: "Für die Frauen ist es großartig, wenn sie wieder einen sicheren und legalen Straßenstrich bekommen würden."

 

 

 

 

"Ich habe denen einen richtig geilen Arschtritt verpasst"


Kontrollierte Straßenstrichs mit Verrichtungsboxen und Notknöpfen gibt es in Nordrhein-Westfalen schon einige. Sie sind Pilotprojekte und werden seitdem weltweit kopiert. Eines der ersten kontrollierten und mit Verrichtungsboxen versehenen Straßenstrichs gibt es in Köln. Seit 11 Jahren hat man ausnahmslos gute Erfahrungen mit diesem Modell. Die Freier bleiben anonym, die Anwohner werden nicht gestört und die Huren sind sicher - so weit es eben geht. Kontrolliert wird der Straßenstrich vom Ordnungsamt, die mit einem Container ständig vor Ort sind. Ähnlich geht es auch in Essen am Kirmesplatz zu. Verrichtungsboxen und eine sichere Umgebung haben dazu geführt, dass die Gewalt an den Frauen abnehmen konnte. Zusätzlich fahren Polizeistreifen rund um die Uhr die Plätze ab, verjagen Zuhälter und sorgen für Sicherheit. Kriminalität gibt es an diesen beiden Straßenstrichs so gut wie keine, auch wenn viele Frauen drogenabhängig sind oder so manche Rumänin oder Bulgarin unter der Fuchtel gewalttätiger Zuhälter steht.

Mord, Vergewaltigung - eine ganz eigene Welt

Das klingt natürlich nach heiler Welt und viel Sicherheit. Und auch die Geschichten rund um St. Pauli malen ein aufregendes, fast romantisches Bild vom Rotlichtmilieu. Doch die Wahrheit ist eine andere. Es gibt sie: Die brutalen Freier die Frauen vergewaltigen und töten. Männer die sich die hässlichste Drogenschlampe vom Strich angeln, weil sie wissen, dass sie für wenig Geld alles macht.

Es gibt auch die Männer mit geringem Selbstbewußtsein, die sich extra auf den Drogenmeilen umsehen und das Elend der Frauen beobachten, sich daran aufgeilen und für 20 EUR die kurzzeitige Erregung erleben. Sich ergötzend an dem Leid der Frau. Auf der Brühler Landstraße in Köln findet sich regelmäßig dieses Phänomen. Auch wenn dieser Strich jeher als Hausfrauenmeile bekannt ist, tummeln sich doch immer mehr Junkies und Zwangsprostituierte unter den Frauen. Erst kürzlich wurde auf diesem Strich eine Frau von einem Freier vergewaltigt und getötet. Kontrolle ist an diesem Strich Fehlanzeige. Ist die Brühler Landstraße doch Sperrbezirk der Stadt Köln und der Strich, mit durchschnittlich 20-30 Frauen jede Nacht, illegal.

"Die Türken machen uns das Leben schwer. Sie fahren mit ihren vollen Autos an uns vorbei, bespucken uns oder wollen uns angrapschen. Sie feilschen um jeden Euro und sind dann noch sehr brutal beim Sex auf der Rückbank", sagt Sabine (23) aus Duisburg. Sie arbeitet auf einem ebenfalls illegalen Strich am Duisburger Zoo. Tagsüber Parkplatz für Familien und Zoobesucher und Nachts Verrichtungsstelle für Blowjobs und Sex. 

   

Aber nicht nur einige Freier sind besonders nervig. Auch die Anzahl der Zuhälter mit Migrationshintergrund nimmt weiter zu. Die Polizei zeigt sich äußerst besorgt über diese Entwicklung. Nadia (28) aus Rumänien kennt diese Art von Zuhälterei. Seit 12 Jahren ist sie das "beste Pferd im Stall" eines türkisch-stämmigen Zuhälters. Mit feuchten Augen berichtet sie: "Ich dachte, ich kriege Liebe." Nadia wurde mit 16 nach Deutschland verschleppt. Sie ist jung, sieht gut aus und Männer zahlen viel für sie. Es vergeht kein Tag, an dem sie keine Freier an der Straße bedienen muss. Hin und wieder wird sie auch von ihrem Zuhälter und seinen Freunden missbraucht: "Öfter auch von 6 Männern gleichzeitigt."

"Seit einigen Jahren sind die Zeiten schlecht", berichtet Nadia. Sie muss mehr anbieten, damit sie noch mithalten kann und viele Kunden, so nennt sie ihre Freier, erhält. So arbeitet sie seit einiger Zeit auch ohne Kondom. "Blowjobs werden ja schon seit Jahren ohne Kondom angeboten. Für 5 EUR mehr mache ich das." Doch die Freier wollen mehr: "Für normalen Sex im Auto, mit Kondom, bekomme ich 20-25 EUR. Für Sex ohne Kondom dagegen 35-50 EUR. Da muss ich natürlich mitmachen." Denn ihr Zuhälter verlangt dies. Schwanger war sie bereits zweimal. Doch eine schwangere Hure wirft in den Augen ihres Zuhälters keinen Gewinn ab und so musste sie zweimal abtreiben. "Ich werde wohl als Hure sterben. Mit eigener Kraft komme ich da nie wieder raus und helfen kann uns keiner", sind ihre letzten Worte, bevor der nächste Freier über diesen jungen Körper herrschen und verfügen möchte. 

Florian Pasterny