Puffmama Layla und ihr Problem mit uns Deutschen

von FLORIAN PASTERNY

 

Es ist schon eine verkommene Diskussion dieser Tage, wo wir eigentlich über Krieg in Europa, über steigende Coronazahlen und über drastische Lebensmittel- und Benzinpreise debattieren sollten. Doch uns geht es gut – in Deutschland zumindest. Und das zeigt eine Thematik ganz besonders: Die kontroverse Auseinandersetzung darüber, wie man mit dem Schlagerlied Layla von DJ Robin und Schürze umgehen sollte. Auf diversen Volksfesten soll dieser Song nicht mehr gespielt werden, das Schlagerradio hat Layla in die Abendstunden verbannt und dennoch steht dieses fragliche Kunstwerk auf Platz 1 der deutschen Singlecharts.

 

Wir reden gar nicht über den Song an sich. Textlich einfach, Melodie einprägend, Ohrwurm-Garantie – die Aufmerksamkeitsspanne des durchschnittlich betrunkenen Ballermannbesuchers wird der Song nicht überfordern. Wir reden über Sexismus, über Frauenfeindlichkeit. Sind wir prüde geworden oder einfach nur sensibler dem Thema Sexismus gegenüber?

 Ich finde die Diskussion albern. Es ist ein Party-Hit und hat wenig mit Frauenfeindlichkeit zu tun. Die Worte Puff, Puffmama, Luder und Geiler können doch heute nicht für Verbote oder Untersagungen sorgen. 2022! Vor allem dann nicht, wenn man sich diverse andere Schlagertexte anschaut. Und damit meine ich nicht den Puff nach Barcelona oder die 10 nackten Friseusen. Hier spielen zum Beispiel ganz andere Kaliber mit: Henry Valentino, Andreas Gabalier, Peter Maffay, Roland Kaiser oder auch das Schwestern-Schlager-Duo Sigrid & Marina. Allein diese Künstler zeigen, wie tief der vermeintliche Sexismus in der Gesellschaft verankert ist.

 

Beispiele? Sehr gerne. Nehmen wir doch direkt die Schwestern. Diese singen 2007 unter anderem: "Zweimal nein heißt einmal ja, so ist das bei uns Frau'n". Peter Maffay sang einst: Ich war sechzehn und sie einunddreißig. Und über Liebe wusste ich nicht viel. Sie wusste alles. Und sie ließ mich spüren. Ich war kein Kind mehr." Henry Valention jagt im "Wagen vor mir" eine arme Frau, die sich sogar hinter einer Hecke vor ihm verstecken muss. Andreas Gabalier besingt 2015 in dem Lied "Fesche Madln" sexuelle Handlungen mit einem "kloana Mäderl", die in ihrem "kurzn Dirndlkleid" und dem rosaroten "Spangerl" im "zopferlglochtnen Hoar" ziemlich minderjährig wirkt. Ja selbst Roland Kaiser hat ein komisches Frauenbild geprägt. "Frauen wollen immer nur das eine", singt er auf dem gleichnamigen Album von 1989. "Sie machen selten, was sie soll'n. Unsre Philosophie ist ein Fremdwort für sie." G.G. Anderson hat diesen Sexismus auch noch perfektioniert. "Nein heißt ja. Wenn man lächelt, so wie du." Und das ist natürlich purer Schwachsinn. Nein, heißt immer nein, auch wenn die Frau dabei lächelt.

 Puff ist nichts Anzügliches. Prostitution in Deutschland längst erlaubt und für einige Frauen ein normaler Beruf. Das jetzt verklemmte Sittenwächter dies wieder ein eine dunkle Ecke ziehen wollen und das Lied gar verbieten lassen wollen, grenzt an einem schlechten Scherz. Eine Debatte um Sexismus ist immer erwünscht. Viel zu tief sitzt er in sämtlichen Gesellschaftsschichten drin und kommt auch so schnell nicht heraus. Aber doch bitte argumentativ auf einer anderen Ebene und nicht in Form eines Mallorcasongs. Auch wir hatten hier im Haus schon oft die Diskusssion über Sexismus. Gerade auch wegen des Artikels Die Maulfotze einer Schlampe (hier lesen). Aber wie gehen wir, wie gehen Ikke Hüftgold (als Produzent) oder die Künstler DJ Robin und Schürze damit um? Man hinterfragt sich selbst, ob Sexismus hier eine Rolle gespielt hat. Und weder bei uns noch bei dem Song kann ich hier annähernd so etwas wie Sexismus oder Frauenfeindlichkeit erkennen.

Wir sind nicht prüde geworden, – das waren einige schon immer, wir sind einfach immer noch zu glücklich, zu wohlhabend und zu problemlos um über einen Song wie Layla zu diskutieren. Auf der Welt sterben 25.000 Menschen an Hunger - täglich! In der Ukraine herrscht ein Angriffskrieg der Russen, in Afrika toben diverse Bürgerkriege, die Energiekrise greift um sich, Corona fordert Tote und wir fragen uns allen Ernstes, ob man die Worte Puff, Luder und Geil besingen darf – ein wirklich bedauernswerter Zustand unserer gegenwärtigen Diskussionskultur.


Florian Pasterny